Besuch beim Nazi-Mörder Heinrich Boere AK NS-Mörder bestrafen! - 30.10.2006 13:52
AK NS-Mörder bestrafen! Pressemitteilung: 30.10.2006 Eschweiler Zu Besuch beim NS-Mörder Heinrich Boere in Eschweiler, Seniorenresidenz „Pro Seniore“ Oedilienstrasse 35 AntifaschistInnen demonstrierten am Abend des 29. Oktober 2006 im Speisesaal der Seniorenresidenz. Seit März 2006 lebt hier der NS-Kriegsverbrecher Heinrich Boere. Auf dem mitgebrachten Transparent stand zu lesen: Nazimorde verjähren nicht! Wir fordern die Bestrafung des NS-Mörders Heinrich Boere! Um die anderen anwesenden Senioren nicht zu verschrecken, traten die DemonstrantInnen als Chor auf und haben zu Ehren der Opfer des Nationalsozialismus das Moorsoldaten-Lied vorgetragen. Es wurden zahlreiche Flugblätter verteilt (siehe unten). Da die deutsche Justiz die Silbertannenmorde für legitime Repressalien hält, fordern wir die Überstellung von Heinrich Boere in die Niederlande. Der Euro-Haftbefehl gilt auch für Nazimörder. Weitere Aktionen werden folgen… Hintergrundinformationen: Sehr geehrte Anwesende, wir sind heute hier, um auf den verurteilten NS-Mörder Heinrich Boere aufmerksam zu machen. Er hat vor 62 Jahren als Angehöriger der Germanischen Waffen SS in den Niederlanden den Fahrradhändler Teun de Groot ermordet. Er war Angehöriger des SS-Killer-Kommandos „Silbertanne“, das nach Aktionen des niederländischen Widerstandes über 50 Menschen ermordet hat. Nach jeder Aktion des niederländischen Widerstandes wurden die Silbertannen-.Mörder aktiv und ermordeten für jeden getöteten Nazi drei bis fünf „antideutsch eingestellte oder aber als mit Widerstandskreisen zusammenarbeitend bekannte Niederländer“. Bei dem Fahrradhändler Teun de Groot in Voorschoten klingeln am 3. September 1944 frühmorgens Heinrich Boere und ein zweiter niederländischer SS-Mann. Sie gaben sich als Polizisten aus. Der Fahrradhändler holt arglos seinen Ausweis. Sein Sohn Teun de Groot erzählt: "Mein Vater kam aus dem Bett und hatte noch seinem Pyjama an. Er ging nach oben, um seine Brieftasche zu holen, in der sich der Ausweis befand. Und er zeigte ihn. Als sie sahen, dass er es war, haben sie gleich geschossen. Hier sehen Sie noch den Einschuss, er hatte die Brieftasche in der Hand, die Kugel hat sie durchschlagen. Das ist das Loch." De Groot war ein angesehener Bürger in Voorschoten und gegen die Nazi-Besatzer. Das reicht für ein Todesurteil. Er hinterlässt eine Familie mit fünf Kindern. Teun de Groot über seine Reaktion auf den Tod des Vaters: "Ich habe 24 Stunden geweint, danach nie mehr. Fast nie mehr, mein ganzes Leben nicht, ich habe so geweint." Nach dem Krieg werden die Mörder vor holländischen Sondergerichten angeklagt. Auch Heinrich Boere wird angeklagt. Aber noch vor dem Urteil taucht Boere unter und flüchtet später nach Deutschland. Seit über 50 Jahren lebt er praktisch unbehelligt in Eschweiler, nur ein paar Kilometer von der holländischen Grenze entfernt. Boere ist heute 85 Jahre alt. Seit März 2006 residiert er im Zimmer 133 der Seniorenresidenz in Eschweiler. In Holland wurde er wegen des Mordes an dem Fahrradhändler de Groot erst zum Tode, dann zu lebenslang verurteilt. Doch vor sechs Jahren hat er dem holländischen Fernsehen in einem Interview freimütig gestanden, dass und wie er de Groot erschossen hat. Es war so wie bei vielen Silbertannenmorden: "Da war so ein Mann, der kam nach unten, der war nicht ganz angezogen, na ja wir haben ...", erzählt Boere. Die holländischen Journalisten fragen nach: "Der Mann, der noch nicht angezogen war, hieß de Groot? Sie taten so, als ob sie ein Polizist sind?" Boere antwortet: "Ja, ja und wir haben direkt ..." Eine weitere Nachfrage: "Auf de Groot haben sie sofort geschossen?" Boere bejaht. Boere ist also geständig. Er glaubt, dass ihm nichts passieren kann. Vor 26 Jahren schon hat die holländische Justiz beantragt, ihn auszuliefern. Doch die deutsche Justiz lehnt ab. Boere gilt durch seine Waffen-SS Tätigkeit als Deutscher, der nicht ausgeliefert werden kann. Strafverfahren gegen die Mörder aus den Niederlanden wurden, wenn überhaupt nur auf Druck aus dem Ausland und mit geringem Eifer durchgeführt. Das deutsche Verfahren gegen Heinrich Boere wurde 1983, weil die unbeteiligten Opfer nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Dortmund als berechtigte Repressalie ermordet wurden und deshalb auch „meuchlerisch getötet werden durften.“ Vergessen sind die Verbrechen von Heinrich Boere in den Niederlanden keineswegs. Boere ist auch nicht der einzige niederländische Kriegsverbrecher, der auf der Liste des niederländischen Justizministers steht. 2006 gibt es noch vier niederländische Kriegsverbrecher, die seit ihrer Flucht aus den Niederlanden unbehelligt in Deutschland leben. Neben Heinrich Boere sind das Siert Bruins (Breckerfeld), Klaas Faber und Herbertus Bikker (Hagen). Toon Soetebier ist vorige Woche unbehelligt in Tübingen gestorben. Sie gehören zu der Gruppe der 30.000 Niederländer, die für Deutschland in der SS kämpften oder sich als Angehörige der niederländischen Nazipartei NSB aktiv an der brutalen Zerschlagung des niederländischen Widerstandes und an den Deportationen der Juden beteiligten. Viele der Erschießungen, brutalen Folterungen und Razzien gingen auf das Konto dieser holländischen Nazis. Tausende niederländische SS-Angehörige und Kollaborateure flüchteten 1945 nach Deutschland und entzogen sich so der niederländischen Justiz. Noch über 300 standen 1980 auf den Fahndungslisten der niederländischen Nachbarn. Auslieferungsgesuche der Niederländer wurden regelmäßig mit dem Hinweis auf den automatischen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit Staatsangehörigkeit durch die Zugehörigkeit zur SS zurückgewiesen. Seit August 2006 müssen Boere und mit ihm die im Ausland verurteilten NS-Mörder wie die Mörder von St. Anna di Stazzema noch mal bangen. Der Euro-Haftbefehl könnte die verfolgungsunwillige deutsche Justiz noch mal zwingen, sich mit den NS-Mördern auseinanderzusetzen. Deswegen sind wir hier. Wir wollen die Bestrafung der letzten Nazitäter durchsetzen. Der Mörder Heinrich Boere selbst bereut bis heute nichts. Er ist auch heute noch stolz auf seine Mitgliedschaft in der Waffen SS: "Ja, selbstverständlich, wir haben doch alles Mögliche getan, um den Feind wegzumachen. Das war nun einmal so, ich fühle mich doch als Deutscher. Ich war verpflichtet dafür zu kämpfen. Wir haben das an der Front gemacht und warum auch nicht hier, das ist doch dasselbe." Der Sohn des Ermordeten findet es unerträglich, das der Mörder frei herum läuft. "Wenn er nur zwei Jahre ins Gefängnis käme oder ein Jahr: Auch dann wäre ich noch zufrieden. Ja, das würde mir sehr viel bedeuten. Und nicht nur für mich, sondern für sehr viele. Das weiß ich sicher." Wir fordern die Bestrafung aller Nazi-Täter! Wir grüßen mit unserer Aktion die ehemaligen AktivistInnen der niederländischen Widerstandsgruppen und die Angehörigen der Ermordeten! Nichts und Niemand ist vergessen! Unversöhnlichkeit mit den Mördern, die vielleicht noch unter uns sind , und den anderen, die nur noch als scheußliche Erinnerungsbilder gespenstisch vor uns stehen, ist das höchste moralische Gebot, die einzig zulässige geschichtliche Meisterung dessen, was da der Wider-Mensch veranstaltete. Jean Amery |