Mittlerer Osten Die Ermordung Ahmed Yassins u Claudia Cinatti (PTS, Argentina) - 13.04.2004 20:54
Mittlerer Osten Die Ermordung Ahmed Yassins und der israelische Staatsterrorismus Mittlerer Osten Die Ermordung Ahmed Yassins und der israelische Staatsterrorismus Autorin: Claudia Cinatti Datum: 01.04.04 (La Verdad Obrera, PTS, Argentina) Konktat www.ft-europa.org Am 22. März hat das israelische Militär Ahmed Yassin, den Gründer und geistigen Führer der palästinensischen islamischen Organisation Hamas, brutal ermordet, just als er eine Moschee in Gaza verließ. Die Regierung Sharon rechtfertigte die kriminelle Vorgehensweise des israelischen Staates als Bestandteil des "Kriegs gegen den Terror", ihres Alliierten Bush. Seit Beginn der zweiten Intifada im September 2000, setzt der israelische Staat auf die gezielte Ermordung von Anführern und Aktivisten. Diese werden von Apache Hubschraubern und F 16 Kampfjets aus, welche die USA freundlicherweise dem israelischen Staat zur Verfügung stellen, mit Raketen beschossen. In den letzten drei Jahren hat Israel bereits mehr als 150 Anführer der Intifada "hingerichtet" und insgesamt sind mehr als 2500 Palästinenser ermordet worden, viele von ihnen Kinder. Da Yassin nach Arafat der zweit wichtigste Führer der nationalen Bewegung Palästinas war, stellt seine Ermordung einen qualitativen Sprung in den militärischen Unternehmungen des zionistischen Staates dar. Seine Beerdigung wurde zur größten Demonstration gegen die zionistische Besetzung, die es in den letzten Jahren gab. Mehr als 200.000 Palästinenser nahmen daran Teil und forderten Rache. Auch in anderen wichtigen Ländern der Region, wie z.B. Ägypten und Jordanien fanden Ablehnungskundgebungen gegen die USA, Israel und die arabischen Regierungen statt, die die Entrüstung der Bevölkerung zum Ausdruck brachten. Ein neuer "Apartheidsplan" Die Ermordung Yassins fand zur gleichen Zeit statt, zu der Sharon einen Plan des einseitigen Rückzugs aus dem Gazastreifen verkündete. Dieser wird jedoch nicht vor Ablauf von zwei Jahren umgesetzt werden. Im Austausch für die Ersetzung der direkten militärischen Besetzung durch eine Art "Umzingelung aus der Luft, von der See aus und zu Lande" der palästinensischen Gebiete, versucht Sharon die fast 200 Siedlungen, die von israelischen Siedlern im Herzen der palästinensischen Gebiete gegründet wurden, für den Staat Israel zu annektieren. Mit Billigung der Amerikaner hat Sharon jeglichen Versuch des "Dialogs" aufgegeben und untergräbt die Nationale Autorität Palästinas, deren Vorsitzender Arafat, in seinen Büros in Ramallah festsitzt und, eingeschlossen von den zionistischen Truppen, quasi unter Arrest steht. Unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit, baut Israel eine beschämende, durch Elektrogitter geschützte Mauer, die die palästinensischen Städte umschließt und sie dabei in eine Art Konzentrationslager verwandelt, die von zionistischen Truppen bewacht werden. Es wird weder eine territoriale Kontinuität noch eine lebensfähige Existenzgrundlage gewährt. Obwohl diese Lösung absolut reaktionär ist und eine Kontinuität der kolonialen Besatzung sowie die andauernde Unterwerfung des palästinensischen Volkes zu Ziel hat, stehen ihr zwei der vier an der ultrarechten Regierungskoalition unter Sharon beteiligten Parteien, sowie ein von Exministerpräsident Netanyahu geführter Block der Likud Partei, feindlich gegenüber. Hauptsächlich weil der Plan die Umsiedlung der 7.000 Siedler beinhaltet, die im Gazastreifen zwischen 1,3 Millionen Palästinensern wohnen. Einige Regierungsmitglieder fordern deutlich drastischere Lösungen. Zum Beispiel hat der Minister für Wohnungs- und Bauwesen, Angehöriger der Religiösen National Partei und Fürsprecher der Siedler, vorgeschlagen, dass diejenigen Palästinenser die jetzt in den von Israel besetzten Gebieten lebten, nach Ägypten oder Jordanien "umgesiedelt" werden sollten. Auf diese Weise würde die Ethnische Säuberung der Gebiete gegen die arabische Bevölkerung, die mit der Gründung des Staates Israel 1948 begonnen hat, endgültig vervollkommnet. Gründe und Konsequenzen der Ermordung Yassins Auf kurze Sicht gesehen, hat Sharon diesen Angriff auf die Hamas wohl hauptsächlich unternommen, um seine Kritiker aus dem rechten Lager mundtot zu machen. Auch versucht er Unterstützung für seine von schweren Korruptionsvorwürfen gebeutelte Regierung zu finden, welche durch die anhaltende Wirtschaftskrise ernsthaft in Frage gestellt wird. In diesem Sinne war die Operation erfolgreich, 60% der israelischen Bevölkerung war mit der Ermordung des Hamas Führers einverstanden. Mittelfristig muss Sharon alle palästinensischen Organisationen zerstören und den Widerstand des palästinensischen Volkes gegen die koloniale Besetzung brechen, um die "Endlösung" für den Konflikt durchzusetzen und jegliche Bestrebungen nach nationaler Selbstbestimmung zu vernichten. Das Problem, für Sharon, ist, dass er es trotz erneuter militärischer Besetzung und einer ständigen Einschüchterungspolitik gegen die palästinensische Bevölkerung - welche außer "selektiven Ermordungen" auch die Zerstörung von Wohnhäusern, die Bombardierung von dicht besiedelten Flüchtlingscamps, Erniedrigungen an Kontrollposten, Sperrstunde, und weitere alltägliche Schrecklichkeiten beinhaltet - es nicht geschafft hat, weder den Kampf für die nationale Befreiung zu brechen noch zu verhindern, dass palästinensische Kämpfer Attentate innerhalb des Staates Israel verüben. Der Gazastreifen ist die Wiege der Intifada und stellt gleichzeitig die Base der firmen Unterstützung für die Hamas. Die Hamas nährt sich aus durch die unerträglichen Lebensbedingungen, geprägt von Armut und Unterdrückung radikalisierten Aktivisten. Die Ermordung Yassins zielt darauf ab, die Hamas qualitativ zu schwächen und ist eine klare Botschaft an die palästinensischen Führer, dass sie "legitime Ziele" für die zionistischen Truppen sind. Für den Expremier Benjamin Netanyahu, bringt die Ermordung Yassins, auch wenn sie erst einmal zu einer Welle von Selbstmordattentaten in Israel führt, "langfristig eine Schwächung der Hamas, da ihre Führer wissen, dass sie Gefahr laufen, ermordet zu werden". Laut der britannischen Tageszeitung The Guardian, glaubt die militärische Führung Israels, dass "die Hamas sich, nach der Ermordung ihres Gründers und geistigen Führers, auf dem Rückzug befindet" und "nicht länger ein Hindernis darstellt, für Sharons Entwurf eines Staates Palästina, nach seinen eigenen Vorstellung". Diese Ansicht wird jedoch nicht von allen geteilt. Für den Israelischen Geheimdienst Shin Bet, "hat die "Hinrichtung" von hochrangigen Führern und mittleren Kadern der Hamas die Kapazität der Organisation geschwächt (...) jedoch wird der Tod Yassins, der Hamas wahrscheinlich eine Vielzahl von Freiwilligen für Selbstmordattentate und Straßenkämpfe in Gaza bescheren". Obwohl nicht klar ist, inwieweit die Schlagkraft der Hamas ausgehöhlt worden ist, hat ihr neuer Anführer, Abdel Aziz al-Rantisi, der als Repräsentant des "harten Flügels" innerhalb der Hamas gilt, versprochen, die Anschläge auf Israel zu verdoppeln und hat zum ersten Mal damit gedroht Sharon persönlich zu attackieren. Dieser Aufruf wird wahrscheinlich auf ein Echo bei vielen verzweifelten Jugendlichen treffen, die in der alltäglichen Hölle der militärischen Besetzung und des israelischen Staatsterrorismus leben. Die Ermordung Yassins erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem die offensive Politik die die USA nach dem Irakkrieg im Mittleren Osten umsetzen wollten, in eine schwere Krise geraten ist. Die imperialistischen Truppentreffen im Irak auf bewaffneten Widerstand, der, obwohl er nicht massiv ist, kontinuierlich andauert und Tag für Tag das Leben amerikanischer Soldaten kostet. Auch die US geführte Kriegskoalition erlitt einen harten Schlag, nach dem Verlust Spaniens als wichtigem Alliierten, durch die Wahlniederlage Aznars nach den brutalen Attentaten vom 11. März. Auch die polnische Regierung hat angekündigt, ihre Soldaten aus dem Irak abziehen zu wollen. Die Differenzen mit den europäischen imperialistischen Kräften sind wieder ans Tageslicht gekommen. Die USA waren nicht nur das einzige Land, das die Ermordung Yassins nicht verurteilte, sondern sie haben auch ein Veto gegen eine Resolution des UN Sicherheitsrates eingelegt, welche die israelische Politik der "außergerichtlichen Hinrichtungen" verurteilte. Die Folgen der Ermordung Yassins, der nun in der gesamten islamischen Welt als Held und Märtyrer gilt, werden wahrscheinlich über die Grenzen Israels hinaus zu spüren sein und zu einer weiteren Destabilisierung der Lage in der Region führen. |