Düsseldorf §129 b: Prozess Faruk Ereren prozessbeobachterIn - 18.04.2010 03:47
Faruks Verteidiger: Unverzügliche Entlassung ist geboten! - Düsseldorfer §129 b Verfahren Faruk Ereren Seit April 2007 dauert die Untersuchungshaft von Faruk Ereren an. Vor dem OLG Düsseldorf begann am 15.1.2009 der Prozess gegen ihn. Die Anklage der Bundesanwaltschaft beruht weitgehend auf türkischem Beweismaterial. Obwohl darin auch unter Folter entstandene Geständnisse enthalten sind, wird dieses Material vom Gericht als Beweismittel anerkannt. Faruk Ereren wird beschuldigt „Mitglied der Ausländischen Terroristischen Vereinigung DHKP-C und deren hochrangierender Funktionär zu sein“. Seit drei Jahren befindet er sich in Isolationshaft und wegen seiner durch Folter entstandenen chronischen Erkrankung geht es ihm gesundheitlich nicht besser. Faruk Ereren leidet unter paranoidartigen Angstsymptomen, die medikamentös behandelt werden. Nach seiner Verhaftung stellte er einen Asyl-Antrag, über den bis heute noch nicht entschieden wurde. Weil die Untersuchungshaft und die Gerichtsverhandlungen zu lange dauern, hat sein Anwalt eine Beschwerde wegen „Verletzung der Gefangenen- Rechte und Verschleppung des Prozesses“ beim Europäischen Gerichtshof im Straßburg eingereicht. ProzessbeobachterInnen haben immer wieder den Eindruck, dass der Gefangene durch verschiedene Schikanen langsam zermürbt werden soll. So sitzt Faruk an seinen Prozesstagen aus „Sicherheitsgründen“ hinter einer Front aus Plexiglas. Zusätzlich zu seiner Isolation in der Haft wird er so auch an den Prozesstagen körperlich isoliert Faruk Ereren und ausgegrenzt. Besonders kritisierte Faruks Rechtsanwalt, dass Faruk Ereren bei der Fülle der Akten ein Laptop verweigert werde. Auch die Anwälte müssen sich ihre Unterlagen inzwischen aus Bananenkisten in Saal 2 des Oberlandesgerichtes Düsseldorf zusammensuchen. Auf ein Regal für die wachsende Aktensammlung warten sie vergeblich. Regelmäßigen Besuch erhält er derzeit nur von seinen Anwälten und seinem Cousin. Versuche politisch aktiver ProzessbeobachterInnen, eine Besuchserlaubnis für ihn zu bekommen wurden mit dem Verweis abgelehnt, dass die Besucher Sympathisanten der Organisation seien und verdeckt Nachrichten übermitteln könnten (!). "Die Bundesrepublik ist in ihrem Kampf gegen Folter in anderen Weltgegenden unglaubwürdig, wenn sie es mit diesen rechtstaatlichen Grundsätzen in Strafverfahren nicht mehr so genau nimmt und auf durch Folter erzwungene Aussagen zurückgreift", erklärt Sevim Dağdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Bundestagsfraktion DIE LINKE. und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, anlässlich ihres Besuches bei Faruk Ereren in der JVA Düsseldorf. Sevim Dağdelen war es kurz vor der Osterpause gelungen eine Besuchserlaubnis zu erhalten. Am ersten Verhandlungstag nach der Osterpause beantragte Faruks Verteidiger die unverzügliche Entlassung von Faruk Ereren aus der Untersuchungshaft. "Die Untersuchungshaft ist nicht mehr verhältnismäßig. Herr Ereren ist schwer erkrankt auf Grund der Folter in der Türkei. In der Untersuchungshaft bleibt seine Erkrankung unbehandelt. Seine unverzügliche Entlassung ist geboten!" Zu Zeiten der Militärjunta ab 12. September 1980 wurde Faruk Ereren festgenommen, mehrere Wochen gefoltert und anschließend inhaftiert. Er musste verschiedene Foltermethoden erleben, z.B. Aufhängen an der Decke, sog. Falaka, d.h. Schläge auf die Fußsohle, Bespritzen mit kaltem und warmen Druckwasser, Stromschläge, mit ungeladener Waffe an den Kopf zielen, Beschuss an der Wand stehend mit geladener Waffe, wobei seine Körperumrisse mit den Kugeln an der Wand nachgezeichnet wurden, Fesseln an den brennenden Heizungskörper, nackt unter Kälte warten lassen und psychologische Folter. Auch während der Haftzeit setzte sich die Folter fort. Im Jahr 1984 nahm er am Todesfastenwiderstand gegen Einheitskleidung teil. Ca. 9 Jahre später wurde er entlassen, aber seit dreißig Jahren läuft das Gerichtsverfahren gegen ihn in der Türkei weiter, und es bestehen mehrere türkische Haftbefehle gegen ihn. Obwohl in der Türkei seit 1983 formal wieder demokratische Wahlen stattfinden, ist der nationalistische und rechtsextreme Einfluss des Militärs auf die Politik und die Gesellschaft weiterhin sehr stark. Faruk Ereren ist mittlerweile nicht nur durch die direkte Androhung einer Verurteilung durch die deutsche Justiz bedroht, sondern auch durch die Androhung einer direkten Auslieferung an die Türkei. Das OLG Düsseldorf fasste am 29.01.2010 den Beschluss, einem Auslieferungsersuchen an die Türkei zuzustimmen. Dagegen klagt Faruk nun vor dem Bundesverfassungsgericht. „Was mich erwartet wenn ich in die Türkei ausgeliefert werden sollte, ist Repression, Folter und Haft bis zum Tod. Der faschistische Staat in der Türkei hat eh schon zur Sprache gebracht, mich bis zu meinem Tod ins Gefängnis stecken zu wollen“, so Faruk in einem Brief an GenossInnen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 16.01.2010 in einem ähnlichem Fall, der die Auslieferung eines kurdischen Funktionärs betraf, die Aufhebung des Auslieferungsbescheids beschlossen. Das ist ein gutes Zeichen, es garantiert aber nicht, dass das BVerfG in Faruks Fall ebenso entscheiden wird. Inzwischen regt sich Protest gegen die Auslieferung. Die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der LINKEN., Ulla Jelpke forderte in einem Brief vom Februar die nordrhein-westfälische Justizministerin Müller-Piepenkötter auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Auslieferung von Faruk Ereren zu verhindern. Außerdem gibt es eine Unterschriftenaktion: Das Freiheitskomitee sammelt für eine Petition zur Verhinderung der Auslieferung Faruks Unterschriften, welche ans Bundesjustizministerium weitergeleitet werden. Die Petition ist per Mail erhältlich über: faruk.freiheit@gmail.com.. Nächster Verhandlungstag: 28.4. dann um 10.30 Uhr OLG Düsseldorf, Kapellweg 36. Das Prozessgebäude liegt etwa 4,4 Kilometer von dem Hauptgebäude entfernt. ab Düsseldorf Hauptbahnhof mit den S-Bahnen S 8 Richtung Mönchengladbach Hbf/Europaplatz, S 11 Richtung Bergisch-Gladbach, S 28 Richtung Kaarster See bis Haltestelle "Völklinger Straße" mit der Straßenbahn-Linie 708 Richtung Düsseldorf-Hamm bis zur Haltestelle "Hemmersbachweg", sodann jeweils über die Plockstraße zum Kapellweg 36. |