"Antidrogenpolitik" in Kolumbien VOZ de la Nueva Colombia - 12.11.2004 15:57
Nach dem letzten Bericht von UNODC (United Nations on Drug and Crime), "Coca Survey 2003", der im Juni 2004 in Wien veröffentlicht wurde, ist im Hinblick auf die verbotenen Kulturen in Kolumbien im Laufe des Jahres 2003 eine Reduzierung der Kokaflächen um 15 731 ha erreicht worden. Im Fall Kolumbiens werden diese Zahlen zunächst mit einem relativ erfolgreichen Ergebnis der Besprühungen assoziiert. Betrachten wir aber einige Tatsachen, die dieser Feststellung widersprechen. In erster Linie muß man erwähnen, daß im Ergebnis manueller Vernichtung eine Reduzierung um 4 000 ha erreicht wurde. Das heißt, daß nur eine Reduzierung um 11 731 ha durch Besprühungen aus der Luft zustande kam. Hör mal, Exterminator, wieviele Pseudo-Masochisten wurden vom Diktator Uribe eingeladen? Amazonien leistet Widerstand. Souveränität Kolumbiens. "Antidrogenpolitik" in Kolumbien ... vom Erfolg weit entfernt Nach dem letzten Bericht von UNODC (United Nations on Drug and Crime), "Coca Survey 2003", der im Juni 2004 in Wien veröffentlicht wurde, ist im Hinblick auf die verbotenen Kulturen in Kolumbien im Laufe des Jahres 2003 eine Reduzierung der Kokaflächen um 15 731 ha erreicht worden. Im Fall Kolumbiens werden diese Zahlen zunächst mit einem relativ erfolgreichen Ergebnis der Besprühungen assoziiert. Betrachten wir aber einige Tatsachen, die dieser Feststellung widersprechen. In erster Linie muß man erwähnen, daß im Ergebnis manueller Vernichtung eine Reduzierung um 4 000 ha erreicht wurde. Das heißt, daß nur eine Reduzierung um 11 731 ha durch Besprühungen aus der Luft zustande kam. Den durch Besprühung vernichteten Flächen standen im Jahre 2003 132 817 ha Kokaanbau gegenüber, was bedeutet, daß es notwendig war, 11,33 ha zu vergiften, um einen Hektar Kokapflanzen zu vernichten. Im Bereich der Kosten ist diese Zahl mit dem Preis für jeden Hektar vernichtete Pflanzungen zu multiplizieren, der mit 700 US-Dollar berechnet wird. Das bedeutet, daß ein Hektar Koka weniger etwa 8 000 US-Dollar kostet, das sind um 20 Mill. Peso. Im Rahmen des Plans Colombia sind die chemischen Besprühungen im Zeitraum 2002-2003 sprunghaft angestiegen. Siehe Bild 1. Wie man erkennen kann, liegen zwischen 2002 und 2003 die höchsten jährlichen Werte für die Besprühungen aus der Luft. Diese Tatsache stimmt mit der Übernahme des Präsidentenamtes durch Àlvaro Uribe Vélez überein (August 2002 bis 2006). Entsprechend den Daten von UNODC stellt sich der höchste Punkt bei der effektiven Verringerung von Kokapflanzungen im Jahre 2002 dar, als dieser Wert 42 736 ha erreichte. Das paradoxe Ergebnis 2003 ist äußerst bedeutsam: Gerade in dem Jahr, das den höchsten Stand der Besprühungen in der ganzen Geschichte von Aktionen dieser Art in Kolumbien aufweist, sind die Ergebnisse ziemlich mittelmäßig, wenn man sie mit 2002 vergleicht. Tatsächlich stellt die Verringerung 2003 nur 36,8% dessen dar, was im Vorjahr vernichtet wurde, und sank unter die Resultate von 2000 (18 482 ha) ab. Die Erklärung ist eindeutig: Die "Erfolge" von 2002 sind direkt damit verbunden, daß diese Politik sich auf das Gebiet mit der größten Konzentration des Kokaanbaus richtete, wie im Departement Putumayo, das im Jahre 2000 - als die Operationen des Plans Colombia einsetzten - 40% der Gesamtfläche aufwies. Das heißt, daß die Politik der Besprühungen gerade erst zu wirken begann und nicht besonders gut, wenn man die Resultate 2003 sieht. In Wahrheit kann man sagen, daß die hohen Werte, die Besprühung aus der Luft 2002 erzielte, der gegebenen Gelegenheit entsprachen und daß die Pflanzungen seitdem einen Wanderungsprozeß begonnen haben, der die hohe Konzentration wie im Departement Putumayo nicht wieder zulassen wird. Die Politik wird in den nächsten Jahren auf ernste Schwierigkeiten stoßen. Wenn wir etwas bei den Ergebnissen verweilen, so ist die Betrachtung von einzelnen Fällen wie im Departement Nariño sehr aussagekräftig. Dieses Departement wurde 2003 mit am schlimmsten durch die Besprühungen heimgesucht, mit 36 910 ha besprühten Flächen, das sind 28% der Gesamtfläche, mehr als ein Viertel der in ganz Kolumbien besprühten Gebiete. Das heißt, es wurde eine Besprühung praktiziert, die die in diesem Departement Ende 2002 existierende Kokafläche (15 131 ha) um mehr als das Doppelte überstieg, und Ende 2003 weist es eine Zunahme um 17% seiner Anbaufläche auf. Allerdings könnte man dagegen mit dem Fall von Guaviare Gegenargumente vorbringen, es wurde ähnlich geplagt wie Nariño und seine Anbaufläche verringerte sich um 41%. Auf jeden Fall bleiben Zweifel, was das Verhältnis zwischen Besprühungen und Verringerung der Flächen betrifft, aber über diese Gleichung hinaus erhebt sich die Frage nach der Nachhaltigkeit dieser Art Resultate auf mittlere und lange Sicht. Der Zweifel ist berechtigt im Licht dessen, was heute geschieht. Die neuen Merkmale der Pflanzungen, in der Zeit nach dem Modell Putumayo, sind: 1. Die wachsende Ausbreitung, die sich im Vorhandensein von Kokakulturen in 23 Departements zeigt, gegenüber nur 12, wo sie 1999, im Vorfeld des Plans Colombia, existierten; 2. Die Umwandlung in Kleinwirtschaften von 3 ha oder weniger; 3. Die Tarnung im Unterholz und die lineare Aussaat statt großer Felder; 4. Die Anlage der Pflanzungen in Naturparks, entsprechend den obengenannten Bedingungen, wodurch die Situation von geschützten Gebieten durch das Abholzen von Wäldern in empfindlichen Zonen, die für die Biodiversität Bedeutung haben, verschlimmert wird. Es genügt zu sagen, daß es nach den Daten von Simci eine Tendenz nach unten gibt. 5. Die Einführung der Pflanzungen in nichtmarginale Zonen, in die am meisten landwirtschaftlich genutzten Gebiete, die mit Anbautechniken der Mischung von Kulturen bearbeitet werden, wie im Fall der Zone des Kaffeeanbaus. Damit wird eine reale Kenntnis der Flächen verbotenen Anbaus unmöglich. In der Tat, wenn der Bericht von UNODC Mängel aufweist, dann ist es das Fehlen glaubwürdiger Information über diese Zonen, denn nach seinen Berechnungen existieren dort nur 54 ha, was ernste Grenzen des Satellitensystems zur Beobachtung der verbotenen Kulturen erkennen läßt. Wenn man hinzurechnet, daß durch die Bauern für den Anbau natürlich Sorten ausgewählt werden, die sich gegen das Glyfosat resistent zeigen, haben die Verantwortlichen für die Drogenpolitik nicht viel Anlaß, sich zufrieden zu zeigen, wie sie es zum Schein heute tun. Der Erfolg der Politik kann also nicht an den Jahresergebnissen gemessen werden, sondern muß notwendigerweise die Dynamik in mittleren und langen Zeiträumen in Betracht ziehen. Die Forderung nach kurzfristigen Resultaten, wie sie in Instanzen der Entscheidungsfindung in Washington und im Kongreß selbst erhoben wird, führt zu falschen Vorstellungen anhand der Tatsache, daß sich von einem Jahr auf das andere Verringerungen ergeben. Auf jeden Fall darf man nicht den Fundamentalismus herausfordern, der hinter der gegenwärtigen Drogenpolitik steht und der an Mechanismen glaubt, die in sehr unausgewogener Weise mit dem Einsatz von Gewalt verbunden sind. Ein eventuelles Scheitern auf mittlere Sicht wird diese Kräfte dazu bringen, eine weitere Radikalisierung auf die Tagesordnung zu setzen, die sich in der Drohung ankündigt, den Einsatz des Pilzes fusarium oxysporum oder neuer, noch gefährlicherer Chemikalien zu prüfen. Angesichts dieses nicht wünschbaren Szenariums erhebt sich die Frage nach der Notwendigkeit, tiefer darüber nachzudenken, welcher Weg realistischer und akzeptabel ist, um Verringerungen des Kokaanbaus zu garantieren, die langfristig wirksam sind und weniger negative Nebenwirkungen hervorbringen, allein wenn man von den Folgen im Bereich der Produktion spricht. In diesem Zusammenhang müßte eine Strategie zur Verstärkung der manuellen Vernichtung als staatliche Politik entwickelt werden. Dazu müßte Präsident Uribe anerkennen, daß die Sicht auf das Problem der unerlaubten Kulturen nicht einzig und allein die sein kann, daß sie "Quelle zur Finanzierung des Terrorismus" sind, sondern daß es hier auch ein tiefgehendes soziales und ökonomisches Problem gibt, das eine andere Art des Umgangs als den Einsatz von Gewalt erfordert. Wenn diese Sicht erst einmal erreicht ist, könnte man die vielfältigen lokalen Erfahrungen von Gemeinden und Organisationen sammeln, die nach abgestimmten Umgehensweisen mit dem Problem suchen. Dann könnte man die Existenz verschiedener und unterschiedlicher Vorschläge erkennen, wie den der kolumbianischen Regionen, das einheitliche Modell, das die Casa de Nariño entwickelt (Familie Waldhüter, zum Beispiel) und das auf sehr unterschiedliche soziale und kulturelle Zusammenhänge anwendbar ist. Die gegenseitige Vereinbarung ist der Weg, der einer Strategie zum Drogenproblem Nachhaltigkeit verleihen wird. Heute bringt diese Politik eine große Unruhe hervor, verschärft die Umweltprobleme und vertieft die große Unordnung in der Nutzung des Bodens und der Ressourcen, die geschützt und angemessen ausgebeutet werden müßten. In den Gemeinden müßte man eher die Protagonisten der regionalen und lokalen Entwicklung sehen als "Begünstigte". Ricardo Vargas Meza Soziologe, Direktor der Corporación Acción Andina Colombia E-Mail: netzwerkvozdelanuevacolombia@hotmail.com Website: http://www.nuevacolombia.de |